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Lernen – Ein Leben lang
Es gibt wirklich wenige Zufälle. Schon als meine Partnerin Renate Staneff mit mir Tanzsport betrieb, dauerte es nicht lange und wir besuchten als junges, aufstrebendes Paar einen Lehrgang bei den damaligen Weltmeistern Rudi und Mechthild Trautz.
Im Karate und Kickboxing war es nicht anders. Ich wartete nicht darauf, von der Fee geküsst zu werden, ich hatte den Eindruck die Fee suchen zu müssen. So erwarb ich meinen ersten Dangrad im Shotokan-Karate bei Keinosuke Enoeda in London, allein unter 300 Engländern, die damals in Europa die führende Karatenation waren. Wo immer in Europa ein Lehrgang mit einem Kickbox-Weltmeister ausgeschrieben war, ich war dort. Geschlafen wurde aus Geldmangel im Auto.
Foto: Ing. Frank Ranz
Taiji Quan, Qigong und Meditation lernte ich zunächst in England, Italien und Frankreich, in Österreich war ein qualitativ hochwertiges Lernen nicht realisierbar. Als dann die Einreise in die Volksrepublik China nach langer Sperre des Landes möglich wurde, war für mich klar, dass ich an der Quelle lernen wollte. Von 1983 an hielt ich mich jeden Sommer für drei Monate in China auf. Völlig zurückgezogen widmete ich mich dem harten Training, es war kein Vergnügen, der persönliche Gewinn aber unermesslich. Mit Zähigkeit versuchte ich, von den besten traditionellen Meistern unterrichtet zu werden. Das war nicht einfach und erforderte ein Hintanstellen des Egos, wie es bei uns nicht mehr vorstellbar ist.
In der Heimat versuchte ich, das Gelernte persönlich umzusetzen, aber auch als Lehrer weiterzugeben. So entstand langsam mein Stil, bei dem sich westliche Didaktik und östliche Inhalte im Laufe der Zeit vermischten. Den Dingen auf den Grund zu gehen war immer mein Bedürfnis. Wenn etwas nicht klappte, musste herausgefunden werden, warum dies so war.
Ohne die liebevolle Unterstützung meiner Eltern und meiner Schwester wäre mein jahrzehntelanges Lern- und Wanderleben nicht möglich gewesen. Jeder verdiente Euro floss in meine Weiterbildung und in meine Fachbibliothek von mehr als 5000 Büchern. Vermutlich hätte man mit diesem Geld zwei Einfamilienhäuser bauen und einrichten können.
Zurückblickend scheint mir eine höhere Führung wahrscheinlich. Meine weltweit bahnbrechenden Theorien zur Atmung, zum Gebrauch der Wirbelsäule, zum Training des Gehirns und zum natürlichen Einsatz von Energie müssen „aus einer anderen Welt“ in mich eingedrungen sein.
Nach meinen Erfahrungen unterscheidet die Besten vom Durchschnitt nicht das Bessermachen, sondern das Andersmachen: Sie folgen in ihrem Tun dem Weg der Natur und handeln „ziran" – natürlich. Das kann mit hoher Motivation gelernt werden.
Noch immer sind Aufenthalte in Asien für mich eine lebensnotwendige Nahrung, das Weiterlernen eine Verpflichtung, auch meinen Schülerinnen und Schülern gegenüber. Im Lunyu (Analekten) des Konfuzius finden wir in der sinngemäß angepassten Übersetzung von Ralf Moritz: „Von Natur aus sind die Menschen einander ähnlich. Durch Lernen und Praktizieren entfernen sie sich voneinander“. Diese Differenzierung lässt positive Energien und Neues entstehen. Aus diesem Grunde unterrichte ich.
Version Dezember 2015
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